Wenn das Baby plötzlich kommt: Rettungskräfte trainieren Geburtshilfe
An der DRK-Rettungsdienstschule in Gelnhausen kommt ein vollautomatischer Geburtensimulator zum Einsatz
Der werdende Vater ist aufgeregt. Seine Frau liegt zuhause in den Wehen, 38. Woche, Blasensprung. Zum Glück klingelt in diesem Moment das herbeigerufene Team des Rettungsdienstes an der Haustür. Die Helfer prüfen die Vitalwerte der Schwangeren und des Babys, verschaffen sich durch Fragen und einen Blick in den Mutterpass einen Überblick über den bisherigen Verlauf der Schwangerschaft. Bislang keine Komplikationen, aber eine Untersuchung zeigt: Das Baby liegt bereits im Geburtskanal, das Köpfchen ist schon zu sehen. An einen Transport ins nächstgelegene Krankenhaus ist nicht mehr zu denken. Über die Leitstelle wird versucht, eine Hebamme herbeizurufen und vorsichtshalber ein Inkubator im Krankenhaus reserviert. Aber bis weitere Hilfe eintrifft, heißt es für die Sanitäter: Schnell und vor allen Dingen richtig handeln, damit Mutter und Kind möglichst optimal versorgt werden.
Keine alltägliche Situation für die Rettungskräfte des DRK-Kreisverbandes Gelnhausen-Schlüchtern, aber eine, die im Einsatz immer wieder vorkommt. Und so frischen die Helferinnen und Helfer ihre Kenntnisse auch zum Thema Geburtshilfe in regelmäßigen Abständen auf, so wie in diesem eingangs geschilderten Übungsszenario. Zum Einsatz kommt dabei der vollautomatische Geburtensimulator, den die DRK-Rettungsdienstschule Gelnhausen vor einiger Zeit angeschafft hat. Mit Hilfe der „schwangeren“ Puppe kann eine Geburt realitätsnah nachempfunden werden. Auch mögliche Komplikationen, wie beispielsweise ein Nabelschnurvorfall oder Fehllagen, können so trainiert werden.
Während die Rettungskräfte die Übung jeweils in Zweierteams durchlaufen, wird das Geschehen per Mikrofon und Videoanlage in den benachbarten Seminarraum übertragen. Dort verfolgen die übrigen Fortbildungsteilnehmer die Szene. Im Anschluss wird gemeinsam besprochen, was im Einsatz gut gelaufen ist und wo noch Verbesserungsbedarf besteht.
Das Konzept für die Fortbildung rund um das Thema Geburt haben die Lehrkräfte Nils Ortwein und Jan Arazi entwickelt. Sie sind es auch, die ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Rettungsdienst – allesamt ausgebildete Notfallsanitäter, Rettungssanitär bzw. Rettungsassistenten – als Simulationsinstruktoren durch die Übung führen. Einmal im Jahr muss jede Rettungskraft die gesetzlich vorgeschriebene Fortbildung durchlaufen. Diese dauert eine Woche, in der die Rettungsprofis von ihrer eigentlichen Tätigkeit im Rettungsdienst freigestellt werden. In diesem Jahr lag der Fokus auf dem Thema Geburt bzw. Geburtskomplikationen. Auch die Versorgung stark blutender Wunden oder das richtige Atemwegsmanagement wurden an einem eigens aufgebauten Skill-Parcours trainiert. „Es ist wichtig, dass die Rettungskräfte immer auf dem aktuellsten Stand sind“, erläutert Nils Ortwein. Gerade im Rettungswesen gebe es immer wieder Neuerungen, darum sei es unverzichtbar, am Ball zu bleiben. Der Geburtensimulator sei ein wichtiges Instrument, um die Kolleginnen und Kollegen bestmöglich auf künftige Einsätze vorzubereiten.