Sprache als Basis für Integration
Türkische Frauen lernen in speziellen Kursen in Wächtersbach Deutsch Von Stefan Möser-Herd W ä c h t e r s b a c h
Etwa 20 türkische Frauen sitzen in Wächtersbach in einer Runde und lernen Deutsch. Diese speziellen Deutschkurse sind durch eine besondere Kooperation möglich geworden. Ziel ist es, die Integration über die Sprache zu fördern.
„Ich bin Frau Schmitt. Was kann ich für Sie tun?“ „Guten Tag. Ich bin Frau Özal. Ich möchte meinen Sohn für den Kindergarten anmelden.“ Über Rollenspiele lernen die Frauen die deutsche Sprache. Mit Musik und Bewegung können die Frauen in aufgelockerter Atmosphäre lernen, werden sich später der Schriftsprache widmen, mit CDs arbeiten und in Deutsch über Frauenthemen sprechen.
In der Runde unter ihresgleichen fühlen sich die Frauen sicher und sind doch offen für Neues, denn sie selbst wissen am besten, dass sie mit mangelhaften Sprachkenntnissen in Deutschland große Schwierigkeiten haben.
Und die Hemmschwelle, mit Ausländern anderer Herkunft und vor allem Männern einen Sprachkurs zu besuchen ist hoch.
Deshalb gibt es nun in Wächtersbach dieses neue Angebot. Möglich wurde es durch eine Kooperation des türkisch-islamischen Kulturvereins Wächtersbach, des Bildungsinstituts Korwisi, der Migrationserstberatung im Main-Kinzig-Kreis und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Das in Wächtersbach ansässige Bildungsinstitut bietet die Kurse an, der Kulturverein stellt in seinem Kulturhaus in der Industriestraße seine Räume zur Verfügung und das Bundesamt fördert die Kurse. So läuft derzeit ein allgemeiner Kurs. Dreimal in der Woche, montags, dienstags und donnerstags, kommen die Frauen jeweils von 8.30 bis 11 Uhr zusammen, um unter Anleitung von Lehrerin Ursula Giesler Deutsch zu lernen. Wie Manfred Schönherr, Regionalkoordinator Integration des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, erläuterte, fördert sein Amt die Kurse bis zu 945 Stunden. Sollten die Teilnehmer dann die Prüfung nicht bestehen, sind bis zu weiteren 300 Stunden möglich. Für die Schulungen müssen auch die Lehrer eine entsprechende Qualifizierung nachweisen. Wie Uwe Klimesch und Carmen Ottmann vom Institut Korwisi erklären, steht amEnde des Kurses die Prüfung B1. Dieser qualifizierte Abschluss bedeutet, dass die Absolventinnen praktische Dinge erledigen können und in der Lage sein werden, ihre Meinung mitzuteilen. Dies geschieht nicht nur verbal, sondern auch schriftlich. Wie Gabriele Wiemer, die für das Deutsche Rote Kreuz in der Migrationserstberatung (MEB)und dem Jugendmigrationsdienst (JMD) des Main-Kinzig-Kreises tätig ist, weiß, ist das Interesse an Deutschkursen sehr hoch, besonders Frauenkurse seien sehr gefragt. Doch das Angebot umfasst nicht nur die Kurse, sondern ist weiter gefasst. So zeigt Hakan Akbulut, stellvertretender Vorsitzender und des türkisch-islamischen Kulturvereins, die Kinderbetreuung in den Räumendes Kulturhauses, unterdessen Dach sich auch die Wächtersbacher Moschee befindet. Auch für die Betreuung gibt es Förderung des Bundesamtes, wenn Kinder unter drei Jahren zu betreuen sind, während die Mütter Deutsch lernen. So kümmern sich zwei Erzieherinnen um den Nachwuchs. Während die größeren Kinder Memory spielen, nehmen die Babys ihren Vormittagsschlaf. Der Erfolg der Kurse kann sich sehen lassen. Wie Gabriele Wiemer berichtet, hätten die Frauen mehr Mut mit den Deutschen zu kommunizieren, sei es beim Einkauf, im Kindergarten oder der Schule. Auch seien sie besser für die Ausübung eines Berufs geschult. Ideal seien Kontakte, die sogar darüber hinaus gehen. So singen türkische Frauen in einem Wächtersbacher Chor.
Für Wiemer ist dies gelebte Integration und das Deutsch verbessere sich dadurch weiter. Wie Schönherr ergänzt, können sogar die Fahrtkosten zu den Kursen übernommen werden, wenn der Teilnehmer ALG II erhält oder von AQA geschickt wurde. Jede Kursstunde kostet die Teilnehmer 1 Euro, doch auch dieser kann in Härtefällen erlassen werden. Hakan Akbulut kennt die Probleme mit der deutschen Sprache nur zu gut. Obwohl er in Deutschland geboren ist, wurde in seiner Familie fastausschließlich türkisch gesprochen. Er lernte Deutsch im Kindergarten und der Schule. Dieser Weg kann einfacher sein, wenn Mütter und Väter bereits Deutsch sprechen. Deshalb sind die Deutschkurse wichtiger Bestandteil der Integration und auch für Nicht-Muslime offen. Unterstützung erfahren aber auch die Schüler. Der türkisch islamische Kulturverein bietet immer samstags Nachhilfeunterricht in Deutsch, Englisch und Mathematik an. Vier Samstage im Monat kosten nur 25 Euro, weil der Verein die Kinder fördern will. Die Nachhilfestundenstehen nicht nur türkischen, sondern allen Kindern offen. Die Anmeldung erfolgt jeweils samstags im Kulturhaus bei Hakan Akbulut.